„Aufgrund des schlechten Flugwetters, können wir leider nicht alle Gepäckstücke mitnehmen. Diese kommen mit einer späteren Maschine nach“. Soweit die schmallippige Durchsage einer Mitarbeiterin der Precision Air im recht renovierungsbedürftigen Abflugbereich des Flughafens von Arusha. Was sollen uns diese Worte sagen? Wir versuchen es jetzt mal mit dem fliegen und wenn es nicht so klappt, dann ist wenigstens eure Garderobe in Sicherheit? Werde ich das Zanzi Resort auf Sansibar vielleicht niemals erreichen?
Mit einem etwas mulmigen Gefühl steige ich in die Propellermaschine, rechne mit dem Schlimmsten, lande aber am Ende recht sanft im Paradies mit Namen Sansibar. Der Fahrer wartet schon und fährt mich durch eine bunte Ansammlung aus Shops, Märkten, Bars, Hütten, Tankstellen und Reisfeldern in Richtung ZanziResort, meiner Heimat für die kommenden Nächte, die ich nach 6 Tagen Kilimandscharo-Besteigung und 5 Tagen Safari wirklich herbeigesehnt habe. Marketing-Managerin Marta, die meinen Aufenthalt aus ihrer polnischen Heimat vorbereitet hat, empfängt mich höchstpersönlich und gibt mir sofort eine Privatführung über die einzigartige 5-Sterne-Anlage im Osten der Insel.
„Insgesamt haben wir hier nur 13 Villen, wovon 7 Ocean View haben und 4 gar einen privaten Zugang zum Meer bieten“ erzählt Marta stolz und führt mich auf den hauseigenen Sunset-Pier, von dem man einen guten Überblick auf die palmengesäumte Anlage hat.
„Auch, wenn es an der Ostküste die breiteren Sandstrände gibt, lieben wir hier doch die private Atmosphäre, die besonders bei Honeymoonern sehr beliebt ist“ erzählt mir Marta und zeigt auf den kleinen Privatstrand, der sich direkt vor meiner Poolvilla mit der Nummer 1 ausbreitet.
„Hier ist dein Schlüssel. Jetzt pack erst einmal aus und dann sehen wir uns später beim Abendessen“. Auspacken ist gut, denn natürlich ist bisher keine Lieferung aus dem fernen Arusha angekommen, so dass ich meine Erkundung im Hotel fortsetze und über den indischen Gym sehr erstaunt bin, der sich wahrscheinlich nur echten Hindu-Meistern erschließt und wie eine wilde Mischung aus Highland Games und Rocky´s Box-Studio aussieht.
Ganz anders der Massage-Bereich mit Blick auf den offenen Ozean oder der Masterpool samt überdimensionaler Quietsche-Ente.
Ja, hier kann ich mein Energy-Level ganz gut runterfahren und meinen Kalorien-Haushalt deutlich auf Vordermann bringen, denn was der Chef de Cuisine fortan jeden Abend auf die Platte zaubert, ist eigentlich einen sechsten Stern wert. Wir starten mit Meeresfrüchten, machen eine Reise über Kingfish und Rindersteak, lassen mal ein Hühnchen springen und schließen gerne mit einem Lemon Pie oder Brownie mit Pistazieneis ab. Jeden Abend drei Gänge und am Morgen alles, was die Pfanne hergibt, vom Omelette, über die gemeine Hauswaffel bis hin zum Banana-Pancake mit Sahne und Schokosauce. Das kann man mal machen? Nein, das gehört ab sofort zum Pflichtprogramm, denn Semmeln im Butter-Schwartau-Mantel gibt es auch daheim. Und es schmeckt nicht nur den Gästen, sondern auch den Einheimischen, zu dem das Buschbaby, ein kleiner Feuchtnasenaffe, zählt, der allabendlich aus seinem Baum herabsteigt und mit Bananen gefüttert wird.
Zeit für einen Ausflug nach Stone Town, der Inselhauptstadt, deren Korallenhäuser unter dem Schutz der UNESCO stehen. Der Fahrer lässt mich am Darajani Market aussteigen, was so ziemlich das Epizentrum des hektischen Treibens ist, vollgepfropft mit Ständen, die von Obst, über Fleisch, Fisch und Gewürzen alles anbieten, was man so braucht, aber in Anbetracht der Insektendichte nicht unbedingt kaufen möchte.
Was für eine fremde Welt in die man hier eintaucht und genauso spannend gestaltet dich der Bummel durch die alten Gassen von Stone Town, in denen man hin und wieder noch auf die historischen Bauten mit ihren berühmten Holztüren trifft, die jedoch, falls nicht gerade von einem Hotel oder Regierungssitz okkupiert, dem langsamen Verfall als dankbares Opfer dienen. Das ist wirklich schade, denn die Stadt hätte durchaus das Zeug, ein kleines Havanna zu werden.
Ich setze mich an den Forodhani Gardens in eine Strandpinte und bestelle einen Orangensaft. Das klingt nicht nur exotisch, das ist es anscheinend auch, denn 15 Minuten später, habe ich noch immer kein Getränk in Händen. Nicht viel besser läuft es mit dem Cocktail im Mercury´s, einer Bar, die dem berühmtesten Sohn der Stadt gewidmet ist und Queen-Songs in einer Endlosschleife abspult. Nach 20 Minuten gebe ich auf, was natürlich typisch deutsch und überaus voreilig ist. Erst später sehe ich mit eigenen Augen, wie ein Ananassaft in 20 Minuten zubereitet werden kann, wobei die wässrige Flüssigkeit dabei 4-mal das Gefäß wechselt und zwar in einer Geschwindigkeit, die dem Slo-Mo Filter meines iPhones alle Ehre machen würde. Nach drei Stunden ist genug der Wuselei und mit dem letzten, nicht zwingenden Abstecher zum alten Sklavenmarkt, verabschiede ich mich in Richtung ZanziResort. Aber natürlich habe ich Martas Worte noch im Hinterkopf: „An der Ostküste, gibt es die langen, weißen Sandstrände“. Dem muss ich auf den Grund gehen und lasse mich von unserem Fahrer ins befreundete Nachbarhotel auf der anderen Seite von Sansibar bringen.
Ganze 60 Minuten halte ich es dort aus, dann trommele ich den verdutzten Chauffeur aus seiner Mittagspause heraus und bin schon wieder eiligen Reifens auf dem Rückweg ins geliebte Heimat-Resort. Was war passiert? Der Strand ist zwar weitläufig und pulversandig, jedoch nicht frei von Algen und Spuren unserer Wegwerfgesellschaft. Das Hotel ist wirklich nett, aber leider auch ein typischer Touristen-Hotspot fern jeder Privatsphäre. Und das Meer? Gefühlt einen Kilometer weit draußen, was natürlich an der Ebbe und dem vorgelagerten Riff liegt.
„Was ist los?“ fragt mich Marta „Du bist ja schon wieder da?“ Kommentarlos winke ich ab und begebe mich direkt zum wunderbaren Sunset-Pier, der einen idealen Meeres-Einstieg zu jedweder Gezeit bietet und mich fortan mehrmals täglich sieht. Wenn auch nicht allein, denn eine Schar bunter Fische unterschiedlichster Rang- und Größenordnung, gehört ab sofort zu meinem Geleitschutz.
Also gibt es ihn gar nicht, den perfekten Strand auf Sansibar? Angeblich schon und zwar in Form einer Sandbank, die täglich für nur wenige Stunden aus dem Wasser herausragt und auf den sonderbaren Namen Nakupenda Beach hört. Von Stone Town nehme ich mir ein Boot und lasse mich zunächst nach Prison Island tuckern.
Da mich die Schildkrötenkolonie, die leider im Prison, also in Gefangenschaft lebt, nicht wirklich vom Hocker reißt, belasse ich es bei ein paar Fotos und nutze die Zeit lieber, um vor den ganzen Touristenbooten auf die Sandbank zu treffen. Etwa 20 Minuten lang passiert landschaftlich überhaupt nichts, dann ist plötzlich Land oder besser Sand in Sicht und ein etwa 100 Meter schmaler Streifen perfekter Bilderbuchkulisse türmt sich aus dem türkis-blauen Ozean vor meinem Auge auf.
Ich gehe nicht an Land, sondern stürme regelrecht, denn der Mob, bestehend aus zwei größeren Holz-Barkassen voll besetzt mit italienischen Pauschaltouristen, hat bereits Kurs genommen und so bleiben mir exakt 15 Minuten, um einen der schönsten Strände der Welt zu genießen. Ich pendele zwischen dem dunkelgrünen Meer auf der östlichen und dem flachen, hellgrünen Strom auf der westlichen Seite hin und her und lasse mich vom Anblick wirklich verzaubern. Dann schnell noch drei Muscheln aufheben und schon ist es vorbei mit der Romantik-Tapete, denn es stürmen etwa 60 untrainierte Azuri mit Taucherbrille und Schnorchel an mir vorbei, um sogleich bäuchlings im vorgelagerten Korallenriff auf Fischjagd zu gehen. Wie aus dem Nichts werden Zelte errichtet, ein Souvenirstand aufgebaut und gar ein Grill angeschmissen.
Ich bin schockiert, auch wenn es nach gegrilltem Hummer und Scampis duftet. Verdammt gut duftet. Also richtig gut…Schluss damit! Ich winke unseren Kapitän heran und gebe Nakupenda Beach offiziell als verloren an die Italiener ab, empfehle jedem aber die Fahrt dorthin. Natürlich hänge ich dem gegrillten Seafood hinterher, doch selbst dafür hat Marta eine probate Lösung in petto: „Wir haben in unserem Resort einen ganz besonderen Platz und zwar direkt an der Spitze des Piers. Dort errichten wir zum Sonnenuntergang einen einzigen Tisch und servieren gegrillte Spezialitäten aus dem Meer“.
Das klingt nach einem mehr als legitimen Ersatz und so genieße ich bei einer hervorragenden Flasche Sauvignon Blanc ein Gemälde von einem Sundowner. Die Gänge kommen per Schubwagen den weiten Weg von der Küche bis zum Steg und kündigen sich schon viele Meter vorher, durch ein sonores Rattern, an. Darauf den Toast „auf ein langes Leben“ oder wie es hier so schön heißt: Maisha Marefu.
Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung des ZanziResort auf Sansibar.