Das südlichste Sternerestaurant Deutschlands, die höchste Bergbahn im Allgäu direkt vor der Haustür und dazu ein Versprechen, das Unmögliche wahr werden zu lassen. Auf Wunsch kann sogar gehext werden, so die vollmundige Aussage des Freiberg Teams und irgendwie nimmt man dieses Versprechen der Eigentümer-Familie Bolkart-Fetz auch ab. Denn positiv verrückt sind die beiden Gastgeber schon, die 1992 aus einem alten Kuhstall das heutige Romantik Hotel Das Freiberg geschaffen haben, welches einst das kleinste 4-Sterne-Haus Deutschlands war und heute über 22 Zimmer und 3 Suiten verfügt. Doch es ist auch eine Liebesgeschichte, die vor 35 Jahren ihren Anfang nahm, als Luggi Fetz als angehender Koch seine Margret, die damals im gleichen Hotel beschäftigt war, mit einem Himbeer-Pannacotta von sich überzeugte und so den Grundstein für eine große Liebe und Partnerschaft legte.
Das Hotel selbst ist wie eine Bergtour aufgebaut und versucht den Gast hinter jeder Kehre mit farbintensiven Accessoires und architektonischen Details zu überraschen, was einen hervorragenden Kontrast zum traditionellen Baustil der Außenfassade abbildet.
Das gibt dem Freiberg eine gewisse Lässigkeit, die man beim ganzen Team spürt, welches mit Aufmerksamkeit und Humor den Spagat zwischen Urlaubsdomizil und Sterneküche zelebriert. So gibt es zu Beginn der Anreise eine kleine persönliche Führung, bevor man im gemütlichen Zimmer entspannt zurückgelassen wird.
Die Aufteilung allein ist schon ein kleines Kunstwerk, denn Bad, Ankleide, Schlaf- und Wohnbereich gehen nahtlos ineinander über, so dass man sich als stolzer Besitzer eines ganzen Apartments fühlt und sogar noch den angrenzenden Poolbereich sein Eigen nennen möchte. Mein Highlight ist sicherlich das wunderschöne Bad mit dem babyblauen Designer-Becken und der Wasserfall-Runddusche, die nach langen Wanderungen der uneingeschränkte „place to be“ ist.
Es wird Zeit für ein erstes kulinarisches Meisterwerk, es wird Zeit für das Maximilians. Tobias Eisele bezeichnet sich selbst als kreativen Handwerker, doch was der gebürtige Oberschwabe auf den Teller bringt, ist nicht nur ein appetitliches Tischfeuerwerk, sondern wird dem Motto des Restaurants: „Immer das Maximale geben“ vollends gerecht. Es folgen vier Gänge für die Ewigkeit, die mit einer Eppenhausener Seeforelle ihren Anfang nehmen, dem Rehbock etwas Kohlrabi, Johannisbeere und den guten Heinrich zur Seite stellen und mit der Süßen Versuchung ihr Crescendo finden.
Doch nicht nur das „was“ sondern auch das „wie“ spielt in der Sterne-Gastronomie eine große Rolle, und so fällt die Zubereitung auf diversen Etageren und Mini-Tellern auf, die dem Gast eine kulinarische User-Journey vorgeben und den Abend zu einem ganz besonderen machen. Nicht minder besonders ist dann das Erlebnis im Jagdhaus, welches etwa 500 Meter entfernt vom Freiberg liegt und so etwas wie das „Baby“ von Luggi Fetz ist, der mir das einzigartige Konzept bei einem Schnitzel Münchner Art und unzähligen selbstgebrannten Weinbergpfirsich-Likören näherbringt.
„Mein Ziel ist es, so wenige ausländische Lebensmittel wie möglich einzusetzen“ erklärt der bekennende Borussia Mönchengladbach Fan stolz. „Brutal lokal, heißt für mich zum Beispiel, dass wir auf Pfeffer, Paprika oder Zitronen gänzlich verzichten und stattdessen lieber Kräuter und Zutaten aus der Region herannehmen. Wir lassen unseren eigenen Kaffee rösten, behandeln alle Lebensmittel mit größtem Respekt und servieren die Speisen ohne Schäumchen und sonstige Spielereien“. Die Gäste im Jagdhaus sollen das pure, bodenständige Geschmackserlebnis spüren und bewusst einen Kontrast zur aufwändigen Gastronomie im Maximilians schmecken. Das Konzept geht auf und damit auch ein Herzenswunsch von Luggi Fetz, der schon immer ins Jagdhaus verliebt war und sich damals nicht hätte träumen lassen, an diesem Ort jemals ein Restaurant und Biergarten zu führen. „Hier habe ich einst gesessen und mit meiner Margret überlegt, ob wir uns ein Schaukelpferd leisten können, in das wir uns so verliebt haben, doch natürlich viel zu teuer war. Und was soll ich dir sagen, wir haben es uns gekauft und Jahre später auch die Pacht fürs Jagdhaus hier bekommen“. Und so existiert das Schaukelpferd noch heute und ist so etwas wie das Symbol dieser unglaublichen Geschichte von Margret und Luggi Fetz.
„Wie willst du denn an einem Samstag im August zum Seealpsee kommen?“ fragt mich Margret Fetz am späten Morgen und schüttelt bei meiner Antwort nur den Kopf. „Mit der Nebelhornbahn bis zum Höfatzblick heißt mindestens 90 Minuten anstehen“ zerstört sie meinen gemütlichen Gondelplan in Nullkommanichts. „Du gehst lieber zu Fuß durch die schöne Schlucht hinauf zur Seealpe. Da kannst du dich dann immer noch für eine Auffahrt reinmogeln. Falls dir dann noch danach ist“. Und mit diesen Worten lasse ich die Menschenschlange an der Talstation Nebelhorn selbstbewusst links liegen und steige sogleich entlang von Wasserkaskaden meine ersten 400 Höhenmeter hinauf zur Seealpe, die ich nach gut einer Stunde ordentlich abgekämpft erreiche. Nach den morgendlichen Regenfällen ist es schwülwarm, so dass ich mich tatsächlich auf den Rat meiner Gastgeberin verlasse und in die Gondel zur nächsten Teiletappe hineintrickse.
Auf 1.927 Metern ist dann von sommerlichen Gefühlen nichts mehr zu spüren und ich giere förmlich nach Handschuhen und einem Becher Glühwein. Nebelschwaden ziehen wie im Zeitraffer über die grünen Berghänge, die mich ein wenig an die Na Pali Küste auf der hawaiianischen Insel Kauai erinnern. Allerdings liegen dazwischen gefühlte 20 Grad Celsius und ich bete förmlich den Sonnenschein herbei, den mir wohl das Freiberg-Team herbeizaubert. Nichts ist unmöglich! Plötzlich glitzert der türkise Seealpsee in einem hell erleuchteten Talkessel und wird zu einem perfekten Gemälde der Allgäuer Alpen oder neudeutsch zu einem coolen Instagram-Hotspot. Während die Flachland-Touristen am Zeigersattel gerne schon umkehren, mache ich mich auf den steinigen Weg zum Ufer, um mit dem See der Seen nahezu im Dialog zu stehen.
Ein fulminantes Wechselspiel aus Sonne und Wolken zieht über die sich krausende Oberfläche und entschädigt für den kühlen Einstieg in die Wanderung, die mit dem Gleitweg noch einen pikanten Abstieg bis nach Oberstdorf bietet. „Nur für Geübte“ heißt es auf den Schildern und obwohl zu keiner Zeit akute Absturzgefahr besteht, muss man sich doch konzentrieren, denn der Weg ist steinig, rutschig und an manchen Stellen auch recht steil. Es zieht sich gute 90 Minuten bis hinab zum Berggasthof Oytalhaus, wo einem das nächste Hinweisschild glatt die Euphorie aus den Wanderstiefeln saugt. Oberstdorf: 1 Stunde 45 Minuten! Und ich sah mich schon ganz entspannt am wunderbaren Kuchenbuffet vom Freiberg sitzen. Doch die Oytalhauser haben da eine richtig gute Idee gehabt und stellen mir für 7 Euro einen roten Bergroller zur Verfügung, mit dem man bis zur Talstation der Nebelhornbahn im Downhill-Modus düsen kann. Die Strecke ist ein Traum und geht zu 90 % bergabwärts, so dass man nicht treten, sondern eher bremsen muss, um nicht mit einer Kuh oder einem erschöpften Wanderer zu kollidieren.
Am nächsten Morgen fragt mich Margret Fetz, wie denn meine Tour so verlaufen wäre und quittiert meinen Erlebnisbericht mit einem wissenden Lächeln. „Da hast du alles richtig gemacht. Und wo soll es heute hingehen?“ schießt sie mir die Frage direkt in meinen unsicheren Gesichtsausdruck. Ich versuche es mit einem flüsternden „Kleinwalsertal?“, was direkt mit einem „Schnickschnack. Da habe ich eine viel schönere Tour für dich“ gekontert wird. Und so geht es auf Empfehlung der Chefin des Hauses mit dem Bus zur Fellhornbahn und von dort auf den 2.000 Meter hohen gleichnamigen „Blumenberg“, der heute mehr als gut besucht ist.
Wie Ameisen ziehen sich die zahlreichen Wanderer in Richtung Gipfelplateau, von wo aus man einen ersten wunderbaren Blick über die saftig grünen Hügel und Gipfel der Allgäuer Alpen hat. Doch der Spaß ist längst noch nicht zu Ende, denn über einen schmalen Grat kann man nun buchstäblich zwischen Deutschland und Österreich bis zum Söllereck laufen und von dort mit Seilbahn und Bus wieder zum Hotel zurück gelangen.
Eine spektakuläre Wanderung, die etwa 4 Stunden in Anspruch nimmt, findet bei einem Stück Kuchen im Freiberg ihren würdigen Abschluss.
Es ist Zeit Abschied zu nehmen von Margret und Luggi Fetz, die ihren Traum leben und mich nicht ohne den selbstgebrannten Weinbergpfirsich ziehen lassen. Auf euch Beide, danke für ein unvergessliches Wochenende!
Dieser Artikel entstand auf Einladung des Romantikhotel Das Freiberg.
Wieder mal hervorragend geschrieben und Appetit hat man auch noch
bekommen.Die wunderbare Natur braucht keine Beschreibung.