„Ich habe keinen Schweinehund. Nicht mal ein Hündchen“ Das ist mit Sicherheit kein Zitat von mir, sondern stammt direkt und spontan aus dem Mund meiner Gesprächspartnerin Gela Allmann. Jener Gela Allmann, die vor 2 Jahren satte 800 Höhenmeter von einem Berg in Island gestürzt ist und eigentlich das Unmögliche möglich gemacht hat. Denn diesen kernigen Satz sagt sie weder in einer abgeschirmten Reha-Klinik, noch in irgendeinem miefigen Café in der Münchner Innenstadt, sondern auf 1.567 Metern Höhe im Taubensteinhaus am wunderschönen Spitzingsee. Hoch gekommen ist sie von ganz alleine und wie!
Bereits auf der Hinfahrt zum Interview habe ich eine Sprachnachricht auf meiner Mailbox. „Wie ich denn heute so ausgerüstet bin und ob eine kleine Wanderung von 500 Höhenmetern ein Problem wäre?“ Ich schaue kurz nach unten, sehe eine dicke Jeans und lustige Urlaubs-Sneakers. Die Außentemperatur steht bei 26 Grad Celsius. Ich rufe zurück:“ Ja, also ich weiß nicht. Bin ja nicht so darauf vorbereitet…aber…“ „Juhuuuu. Wir gehen auf den Berg. Supi“ Das war’s, keine Chance. Am Parkplatz steht Gela bereits im perfekten Sport-Dress und reckt mir Walking-Sticks entgegen. Ich schüttele nur verständnislos den Kopf: „So ein Quatsch. Stöcke brauche ich nun wirklich nicht“. „Doch. Gibt Power, biste schneller und ist gut für die Oberarme“ schnellt mir die Antwort entgegen. Ich lehne erneut ab, und hechele fortan keuchend hinter Gela her. Meine Sneakers finden keinen Grip, mein Shirt ist bereits nach 5 Minuten klatschnass und ich würde mich gerne aufs Luftholen konzentrieren.
Doch wieder keine Chance. Gela redet ohne gefühlte Atempause drauf los, erzählt von ihren Aktivitäten als Referentin, vom nächsten Modelshooting in den Dolomiten und ihrem Auftritt bei Markus Lanz. „So, jetzt können wir ein paar Fotos machen. Hier ist ein guter Action-Hang“ disponiert Gela. Also tapse ich zwischen unzähligen Kuhfladen einen Hang hinauf und versuche aus dem iPhone 6 mehr rauszuholen, als drinsteckt. Gela läuft viermal an mir vorbei und checkt jede Aufnahme. Profi halt.
Doch dann wittere ich meine Chance. „Runter laufen geht bei mir gar nicht. Da macht das Knie nicht mit“ Da könnte ich sie also sportlich schlagen, runterlaufen kann ich.
Nach einer Stunde Aufstieg wartet dann ein Apfelstrudel mit Sahne auf uns. Das Panorama auf Rotwand & Co. ist perfekt und Gela schwärmt von ihren Lieblingen, den Gipfeln am Spitzingsee.
Und nachdem sie uns kurz im Gipfelbuch verewigt hat, sprudelt sie auch schon los.
„Ich verbinde gerne meine Business- mit den Freizeitaktivitäten. Wie cool ist denn jetzt zum Beispiel unser Interview auf einem Berg. Ich bin eh ein Mensch der immer raus muss, weil ich da besser nachdenken kann. Im Büro werde ich schnell nervös, schaue aufs Handy, wippe mit den Beinen. Von daher genieße ich den Luxus, einfach rausgehen zu können, um neue Aktivitäten zu planen“.
Und da muss ich ihr recht geben. Cooler als das Büro ist die Open-Air-Kulisse hier allemal. Doch wäre ein wenig Ruhe fürs geschundene Knie nicht manchmal besser?
„Mein Bein wäre sicher nicht da wo es jetzt ist, wenn ich nicht so viel trainieren würde“ kontert Gela „Ich kann bereits super entspannt auf einen Berg steigen. Radeln und schwimmen sind auch perfekt, nur laufen kann ich halt nicht mehr. Insgesamt bin ich aber ängstlicher geworden. Ich überlege mir heute dreimal, ob ich die Tour gehe oder nicht. Da höre ich deutlich mehr auf meine Psyche“.
Okay, ein bisschen Angst hat sie also, aber Schweinehund?
„Also wenn es um Sport geht, kenne ich keinen Schweinehund. Ich würde auch voll gerne wieder an meine Grenzen gehen, was leider nicht geht. Für mich gibt es kein Aufraffen müssen, denn es lohnt sich immer auf nen Berg zugehen. Egal welches Wetter gerade ist. Danach geht es mir immer besser“.
Na ja, Regen und Berg wären dann doch eher nix für mich. Doch vielleicht hat Gela ja noch ein paar Touren-Tipps und da scheint sie mich direkt richtig einzuschätzen:
„Den definitiv besten Kaiserschmarrn gibt es auf der Coburger Hütte und die dazugehörige Tour zum Seeben- und Drachensee gehört für mich zu den Schönsten in den Alpen. Gerade der Seebensee eignet sich auch wunderbar zum Baden“
Anmerkung der Redaktion: Der Seebensee ist ar…kalt und Gelas Routenempfehlung über den Hohen Gang heftig im Anstieg. Alternative ist die Seilbahn zur Ehrwalder Alm.
„Dann liebe ich natürlich den Spitzingsee, wo man so viel unternehmen kann, wie zum Beispiel die 7-Gipfel-Runde, ein Mix aus Rad und Gipfelanstieg. Landschaftlich wunderschön ist auch die Tour rund um die 3 Zinnen in Südtirol“
Danke für die Tipps, die ich sicher demnächst abhaken werde. Das mit dem Rad lassen wir dann mal lieber. Was dem Frodo sein Mordor ist der Gela ihr Island. Sprechen wir kurz über den Schicksalsberg und Gelas Rückkehr an den Ort ihres Sturzes:
„Er hat sich etwas vor mir versteckt, da der Gipfel in Wolken gehüllt war. Von daher war ich unten an der Stelle, wo ich damals liegen geblieben bin, etwa 100 Meter über dem Fjord. Es war krass da zu sein und ich war sehr in mich gekehrt. Abends hat mir dann auch das Knie ganz schön weh getan und ich konnte am nächsten Tag kaum noch gehen. Das ist typisch für mich, wenn es an meine Psyche geht, spüre ich eine regelrechte 1:1 Reaktion. Doch insgesamt war es gut da zu sein, ich habe mir auch ein paar Steine als Andenken für eine Kette mitgenommen. Island nehme ich den Unfall definitiv nicht übel, ich liebe das Land, es hat so tolle Farben und ist echt inspirierend. Zudem habe ich mit meiner damaligen Krankenschwester eine echte Freundin gewonnen, die mich bereits 2-mal in Deutschland besucht hat“.
Last but not least, interessieren mich als Blogger-Novize natürlich noch die Top 3 von Gelas Bucket-List. Also los:
Bucket List Gela:
- Bei irgendeinem Rennen starten, mit dem Gefühl alles gegeben zu haben
- Auf einen coolen Gipfel ganz rauf und wieder runter steigen. Da könnte ich mir das Matterhorn oder den Großglockner vorstellen, also erreichbare Ziele
- Und natürlich möchte ich eine Familie haben
Es ist Zeit, die letzte Gondel ins Tal zu nehmen, denn selbst runter gehen kann sie leider immer noch nicht. Schade, da hätte ich meine Stärken natürlich voll ausspielen können. Danke für das Interview in herrlicher Alpenkulisse. Wer sich für die „ganze Geschichte“ interessiert, dem empfehle ich wärmstens Gelas Buch Sturz in die Tiefe.
Hier findet ihr mein Interview mit dem Fotografen Carsten Sander zu seiner Ausstellung Heimat. Deutschland – Deine Gesichter.
[…] Hier findet ihr übrigens mein Interview mit der Extrem-Sportlerin Gela Allmann. […]