Angeblich gehört sie zu den schönsten Strecken Südamerikas, die Straße der Vulkane, jener Teil der Panamericana, der sich von Quito nach Cuenca über 450 Kilometer erstreckt. Also legen wir los.
Die erste Station ist der berühmte Vulkan Cotopaxi (5.897 m), der erst vor 6 Monaten wieder teileröffnet wurde und aktuell noch auf Warnstufe gelb läuft. Hin und wieder röchelt er ein wenig und macht die Bewohner der Millionenmetropole Quito ein wenig unruhig. Ich probiere mein Glück über den Nordeingang, so jedenfalls die Empfehlung meines Reiseführers. Von alter Inkastraße, die dir das Fett in den Backenmuskeln ordentlich durchrüttelt, war da nicht die Rede. Mag ja sein, dass die schönen Haciendas und Berghänge die Reise wert sind, aber ohne 4WD bist du hier definitiv aufgeschmissen. Kurz vor dem Nationalpark liegt die Hacienda Santa Rita. Wunderschön anzuschauen, doch leider kein Personal. Deshalb kann mir der Manager an der Rezeption für diese Nacht kein Zimmer verkaufen. Doch „viel Glück“ wünscht er mir, es kommen ja noch zwei Unterkünfte auf dem Weg. Also ruckeln wir weiter über Stock und Stein, bis in völliger Einsamkeit ein Schild mit Namen Hacienda Los Mortinos erscheint. Letzte Chance vor dem bereits geschlossenen Nationalpark.
Kein Auto auf der Parkwiese, kein Mensch zu sehen, nur ein paar Lamas grasen auf einem Hügel. Die Tür allerdings unverschlossen. Und so trete ich ein und treffe irgendwann auf Patrizio, der mich nicht versteht. Ich ihn zwar auch nicht, aber er hat wundervolle Zimmer, zündet gleich zwei Kamine an und bereitet ein hervorragendes Abendessen zu. Wir sind die einzigen Gäste in dieser wundervollen Hacienda. Am Abend flimmert noch die Copa Americana über den Bildschirm und der Cotopaxi zeigt sich für ganze 10 Minuten fast ohne sein Wolkenkleid. Patrizio drückt uns noch eine Wärmflasche in die Hand, denn die Nächte können kalt werden hier oben auf 3.600 Metern.
Der nächste Morgen bringt zwar ein wenig Sonne, doch der Cotopaxi bleibt zunächst in tiefe Wolken gehüllt. Nach dem Frühstück heißt es Abschied nehmen und die Straße durch den Nationalpark meistern. Der erste und einzige Stopp ist die Laguna de Limpiopungo, die man in etwa einer Stunde gänzlich umrunden kann. Nicht sehr anstrengend, dafür mit herrlichen Ausblicken auf den Cotopaxi gesegnet. Und er zeigt sich tatsächlich kurz, der alte Racker. Ein ergreifender Moment, den perfektesten aller Vulkane zu erspähen, auch wenn es meist nicht mehr als die Spitze ist. Nur wenige Höhenmeter tiefer, steckt man bereits wieder im dichten Nebel. Also weiter ins Abenteuerparadies Banos. Und der Kulturschock hätte nicht größer sein können. Es regnet in Strömen und der Ort ist wie so viele hier, direkt aus der Hölle. Also eine Mixtur aus unfertigen Beton- und pseudo-orientalischen Flachbauten. Nein, hier möchte man weder Bungee springen noch in einer Gondel über die Schlucht sausen. Ein ewiges Schnick Schnack Schnuck zwischen Abfahren und Durchziehen entsteht. Am Ende siegt das Samari Spa Resort, ein wirklich sehr gutes Hotel mit blubbernden Spa-Bereich, der die feuchten Knochen auf gefühlte 100 Grad erhitzt. Wobei, feucht werden sie erst noch, denn es geht auf die Ruta de las Cascades, die Straße der Wasserfälle. Und ganz am Ende, bei Rio Verde, liegt die Cascada Pailon del Diablo, ein Wasserfall, der seinen Namen vollkommen zu Recht trägt.
Zunächst einmal geht es unzählige Stufen hinab in die Schlucht. Ein leichter Regen erleichtert die anstehende Dusche. Denn am ersten Viewpoint werde ich dermaßen von der Welle der Wassermassen erwischt, dass ich völlig durchnässt den Rückzug antrete. Der weitere Weg zur Hängebrücke wäre auch nur auf allen Vieren möglich gewesen. Selten habe ich eine derartige Urgewalt gesehen, so dass ich das Erlebnis mit einem Lächeln und dem Prädikat „spektakulär“ verbuche.
Den Tag haben wir also doch noch gerettet, die nassen Klamotten trotz offenem Kamin allerdings nicht. Auch am nächsten Morgen muffeln und modern Jeans und Fleece so vor sich hin. Nur raus aus diesem Regennest, nur um eine Stunde später im dichten Nebel rumzustochern. Der Weg zum höchsten Berg Ecuadors ist eine einzige Nebelbank. Überholen unmöglich, was allerdings nur für mich gilt. Die anderen schaffen das schon. Und dann plötzlich blitzt er durch, der Chimborazo, mit 6.310 Metern höchster Vulkan Ecuadors. Gigantisch wirkt sein schneebedeckter Gipfel, immer wieder von Nebelwolken durchzogen. Die Sonne erhellt die Altiplano-Landschaft und zeigt Vicuna-Herden, eine Art Lama, die überall entlang der Straße weiden.
Am Eingang zum Nationalpark muss man sich registrieren, nur für den Fall, dass mal einer verloren geht. Der Ranger wünscht mir für die anstehende Aufgabe viel Glück. Das macht Mut, denn es geht schließlich zu Fuß auf 5.100 Meter Höhe.
Und tatsächlich, mir bleibt relativ schnell die Luft weg. Zudem entsteht ein leichter Kopfdruck, was mein Tempo nochmals deutlich verlangsamt. Und so trotte ich Kehre um Kehre durch festen Schnee zu einer kleinen Lagune am Kamm des mächtigen Chimborazo. Der Ausblick ist Wahnsinn, die ganze verdammte Atmosphäre in dieser Höhe ist Wahnsinn. Ein Erlebnis, das für immer bleiben wird. Der Wind peitscht mir mächtig um die Backen und es geht wieder abwärts. Jetzt deutlich schneller, mit weniger Problemen beim Atmen.
Riobamba ist dann eine kleine Überraschung. Die 120.000 Seelen Stadt fängt genauso belanglos wie die meisten zersiedelten Städtchen Ecuadors an, hat jedoch einen interessanten historischen Kern. Zudem mit dem Café Paris ordentlichen Cappuccino und Brownies, die durchaus europäischen Standard aufweisen. Und wer mal einen wirklich romantischen Abend verbringen will, dem empfehle ich die Cocina Al Tiesto Y Parrillas. Es gab mal wieder keine weiteren Gäste, dafür liefen den ganzen Abend exakt 2 Songs in der Heavy Rotation und zwar 1. „If you don´t know me by now“ von Simply Red und 2. „I want to know what Love is“ von Foreigner. War der eine zu Ende, war klar, was als Nächstes folgt. Da muss wohl jemand mitten in der Kolonialisierung eine Kuschelrock-CD liegen gelassen haben.
Am nächsten Tag wartet bereits der nächste Höhepunkt, auch wenn er über die Jahre etwas entschärft wurde. Die Zugfahrt mit der Schmalspurbahn von Alausi nach Sibambe gehört zu den spektakulärsten Fahrten, die man so machen kann. Mit viel Glück ergattern wir die letzten 2 Tickets für die 11 Uhr Fahrt (also unbedingt vorab reservieren). Und dann geht es in den historischen Wagons auch schon mit Tempo 30 km/h über das alte Schienennetz.
Leider kann man, aufgrund tödlicher Unfälle, nicht mehr oben auf den Wagen sitzen, doch auch hinter offenen Fenstern ist der Abstieg um 500 Meter entlang der Nariz de Diablo, der Teufelsnase, ziemlich heftig. Man blickt in die tiefgrüne Schlucht und sieht keine Schienen, keinen sichernden Fels, sondern nur Abgrund. Nach 30 Minuten fährt man zunächst durch den Bahnhof von Sibambe. Eine ecuadorianische Folkloregruppe tanzt beim Durchfahren wie von der Tarantel gestochen, nur um anschließend wieder in tiefes Koma zu fallen. Denn erst wird noch ein Aussichtspunkt abgeklappert.
Erst dann geht es für eine Stunde ins kleine Touristendorf. Alle tanzen wieder, ein Lama wird herangekarrt, zwei Cafe´s prügeln sich um die Schar der Touristen. Die Traumstraße der Vulkane bietet jeden Tag ein neues Abenteuer. Und noch sind es knapp 200 Kilometer bis Cuenca.
Hier findet ihr meinen Bericht über das sagenhafte Cuenca.
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