Wie hat sich Dubai wohl vor 20 Jahren angefühlt? Als noch nicht jeder Quadratkilometer Wüstensand monetarisiert war, Hochhäuser noch nicht in den Himmel wuchsen und Menschen noch in sogenannten Souks einkaufen gingen? So in etwa wie Muscat, zumindest behaupten das Einheimische und Reisende gleichermaßen.
Der touristische Teil des Oman bietet so etwas wie ein Abenteuer aus 1001 Nacht. Nichts was dir den Schlaf raubt und nervöses Kribbeln verursacht. Aber doch eine deutliche Distanz zum europäischen Way of Life aufbaut. Etihad Airways bringt mich per Stopover nach Muscat, der Hauptstadt des Oman. Doch erstmal kehre ich der 30.000 Einwohner Kleinstadt den Rücken und mache mich auf den Weg ins Hinterland. Nicht viel los bei Dollar Car Rental, lediglich 3 Autos stehen vor einem mit Wüstenstaub verkrusteten Geschäft. Kein weiterer Kunde, kein Mensch auf der Straße, nur das Surren der Klimaanlage. Doch der freundliche Agent wartet bereits auf mich und drückt mir den Schlüssel eines frisch reparierten Toyota Jeeps in die Hand. Was kaputt war, wird schnell ersichtlich, schließlich ist die Frontscheibe noch komplett mit Tesastreifen fixiert. „New window. Don´t remove the stripes“. Also gut, mal sehen was das Tesa so aushält. Eines vorweg, gehalten hat die Scheibe, aber spätestens bei Tempo 50 km/h einen Lärm wie 1.000 surrende Fliegen verursacht. Für die 160 Kilometer nach Nizwa braucht man natürlich keinen Geländewagen, für den Anstieg zum Sayq-Plateau schon.
Die Straße wird von Sicherheitsbeamten kontrolliert und aufgrund der extremen Steigung werden nur Allradfahrzeuge hochgelassen. Nach wenigen Kilometern weiß man weshalb. Die geteerte Panoramastraße windet sich in unzähligen Kehren auf über 2.000 Meter hinauf und bietet immer wieder spektakuläre Blicke in die Schlucht.
Der Spaß dauert etwa eine halbe Stunde, dann erreicht man das Sahab Hotel. Der Blick von der Terrasse in den Canyon ist wirklich atemberaubend. Also erstmal den Flug aus den Knochen schwimmen und den Blick vom Pool in die Schlucht genießen. Die kleinen Bungalows sind zweckmäßig eingerichtet ohne den ganz großen Luxus zu versprühen. Aussicht sticht Interieur. Angeblich kann man vom Hotel schöne Wanderungen am Canyonrand zu den benachbarten Dörfern machen. Wenn jemand irgendwann mal den Weg findet, soll er mich doch bitte kontaktieren.
Der nächste Tag bietet gleich zwei Highlights, die sich wunderbar miteinander kombinieren lassen. Nizwa ist eine Oase inmitten der Wüste, liegt es doch am Rande zweier Wadis, die die Stadt mit ausreichend Wasser versorgen. Fort Nizwa ist genau wie die etwas östlich gelegenere Palastfestung Jabrin der touristische Anziehungspunkt schlechthin.
Und tatsächlich sind die mächtigen Mauern und Türme beeindruckend. Ein kurzer Besuch kann nicht schaden, ist man doch hier fast alleine unterwegs. Kaum Touristen, alles sauber und steril. Die umgebenden Gassen der Souqs wie leergefegt. Die Geschäfte und Lokale geschlossen. Es ist 12 Uhr mittags, Show is over. Viel zu heiß, für Handel und Lunchtime im Freien. Auf der arabischen Halbinsel laufen die Uhren langsamer, wirken die Menschen zurückhaltender und geben dir das Gefühl als Reisender und nicht als Tourist unterwegs zu sein.
Und das war es dann auch schon mit Nizwa, viel mehr ist nicht zu sehen. Darum weiter nach Süden zum höchsten Berg des Omans, dem 3009 Meter hoch gelegenen Jebel Shams, dem Grand Canyon des Oman. Ich weiß, diesen Titel beanspruchen so einige Schluchten auf der ganzen Welt für sich und viele nehmen ihren Mund dabei ziemlich voll. Hier hat man jedoch wirklich das Gefühl zumindest einem nahen Verwandten zu begegnen.
Die markanten braun-rot leuchtenden Felswände fallen bis zu 1.000 Meter steil ab. Ja, wir könnten tatsächlich in Arizona sein. Etwas Ähnliches habe ich bisher nur in Namibia am Fish River Canyon erlebt. Die Straße nach oben ist an sich schon die Reise wert, verbindet sie doch zahllose Bergdörfer, die wie Perlen an einer Kette kleben. Es gibt 2 nennenswerte Aussichtspunkte, die von Viehhirten und ihren Bergziegen belagert werden. Fotos und Merchandise, spätestens hier ist man dann doch im Touri-Wonderland angekommen.
Die Einsamkeit der Schlucht ist verlockend und so fahre ich bis zum Endpunkt der Straße und lande mitten in den Vorgärten einer kleinen Siedlung. Begleitet von Eseln, Ziegen und Kindern kann man hier einem Trail entlang der Felswände folgen. Wer ausgetretene Pfade wie am Grand Canyon sucht, der wird sie nicht finden. Das Potenzial dieser gigantischen Schlucht ist längst nicht ausgeschöpft und genau das macht ihren Charme aus. Also wandern, bis man nicht mehr kann und immer mal wieder hinabsehen in die alles verzehrende Tiefe von Wadi Ghul.
Zurück in Muscat lasse ich mich dann doch vom Luxus eines Leading Hotels verzaubern. Das Chedi Muscat ist wahrlich ein Palast, der einem die Wünsche von den Lippen abliest. Von den Top-Restaurants möchte ich besonders das Beach Restaurant direkt am Meer empfehlen.
Exzellenter Service, kreative Küche und der Blick auf den Ozean sind schon etwas Besonderes. Bei den Pools muss man sich entscheiden. Ich mag ja den Chedi Pool direkt am Strand, denn da hat man die blaue Badewanne, auf Deutsch Meer, direkt vor den Flipflops . Eine eigene Chocolaterie verwöhnt am Ende des Tages dann noch so Zucker-Junkeys wie mich.
Muscat selbst ist etwas eigenartig zu erkunden. Das eigentliche Highlight, die große Sultan Qaboos Moschee habe ich trotz dreier Anläufe nicht gefunden. Dreimal verfahren und dann lieber ab an den Strand. Dafür habe ich mich auf den Weg in die historische Altstadt gemacht und mir das Gelände um den Al Alam Royal Palace angesehen. Unglaublich weitläufig und beeindruckend. Pures Gold glänzt beständig in der Sonne und wirkt anziehend und abstoßend zugleich. Wer ein Gewusel aus Touristen, Politikern oder Diplomaten erwartet, wird auch hier wieder auf Oman-Standard-Time zurückgestellt. Alles wirkt verlassen, ein wenig unnahbar, aber doch so beeindruckend anders, dass man mehr sehen will.
Europäische Kultur inmitten der Wüste verspricht das Royal Opera House von Muscat. Und wer schon nicht rein will, der sollte zumindest am Abend den Vorplatz zur Oper bestaunen. Das Gebäude ein Gemälde aus Moschee und Palast.
Doch ich wollte natürlich auch rein und hab Tickets für La Traviata in der ersten Reihe organisiert. Schick mit Sakko, bunt gepflegten Sommerjeans und…knirsch…ja und Sneakers. Ich fand es stilistisch sehr gelungen, doch da war ich mit meiner Meinung ganz alleine. Ohne Schnürschuhe kein Eintritt. Es sei denn, ich würde mich dem traditionellen Kaftan des Omani verschreien. Einzige Chance den Abend zu retten war also ein perfekt gebundener Turban samt weißer Kutte. Gesagt, getan, gefühlt wie im rheinischen Karneval. Aber zumindest für einen Abend der Star in Reihe 1. Das Publikum verneigt sich.
Noch mehr Arabische Halbinsel gibt es in meinem Reisebericht über Abu Dhabi.
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