Es wurde langsam Zeit für einen Besuch der zweitgrößten Stadt der Welt, in der Französisch gesprochen wird, denn bisher führten mich meine Kanada-Reisen eher in die Rocky Mountains oder nach Toronto zu den Niagara Fällen. Jetzt ging es also nach Québec, mitten ins französische Herz von Kanada und ich war neugierig, wie sich Montréal beim ersten Kennenlernen wohl anfühlen wird, diese Mixtur aus europäischer Klangfarbe und nordamerikanischer Hochhauskulisse.
Kurze 7 Stunden dauert der Direktflug von München nach Montréal und noch weitere 30 Minuten die Fahrt mit Uber in die Innenstadt, wo mich der wortkarge Privat-Chauffeur direkt vor dem Hotel Monville herauslässt. „Unser Haus wurde erst im März 2018 eröffnet und ist sensationell gelegen“ schwärmte die wunderbare Clémence schon vor meiner Ankunft und reservierte mir prompt eine Deluxe Suite mit Blick auf die hell erleuchtete Downtown.
„Eine noch bessere Sicht hast du nur von unserer Dachterrasse im 20. Stockwerk“ legt sie bei meiner Ankunft nach und entschuldigt sich im nächsten Halbsatz bereits, da man die passenden Drinks, aufgrund der fehlenden Ausschank-Lizenz, noch selbst mit nach oben nehmen muss. Was für ein Luxusproblem, denn die Location über den Dächern der Stadt ist wirklich atemberaubend, genau wie die gesamte Lobby, die architektonisch eher an ein Museum of Modern Art erinnert.
Eingecheckt wird via Self-Service-Terminal, Snacks und Drinks bringt hier kein Geringerer als der Bruder von R2D2 mit Namen H2M2, der selbständig über die Flure gleitet, höflich an der Tür klingelt, sein Kühlfach öffnet und die bestellten Snacks entsprechend freigibt.
Obwohl das Hotel Monville sehr cool und modern erscheint, setzen die Hausherren auf Materialien und Zutaten aus der Region. Die Verkleidungen sind aus kanadischer Eiche und die erstklassigen Burger stammen von Rindern, die zuvor über die Prärie Québecs gelaufen sind. „Was hast du heute vor?“ fragt mich Clémence und empfiehlt mir ein Potpourri aus Neustadt und View-Montréal, wie der historische Kern der Stadt genannt wird.
Das Hotel liegt exakt zwischen diesen beiden Zentren, so dass ich zum Start direkt mit dem Highlight schlechthin, der Basilique Notre-Dame beginne, welche eindrucksvoll den Place d´Armes dominiert. Sie gilt mit ihren Holzschnitzereien und dem blau erleuchteten Altar, als eine der schönsten Kirchen Nordamerikas und bietet über 3.000 Menschen Platz für Messe und Gebet.
Ich höre einem einheimischen Guide zu, der einer Schulklasse gerade erklärt, warum die Bauzeit in Kanada immer so unglaublich lange dauert. Wegen dem kalten und unerbittlichen Winter natürlich und wegen exakt diesem, sind die meisten Straßen und Gebäude in Montréal im Sommer auch stets „under construction“, was es mitunter nicht gerade einfach macht, Straßenseiten zu wechseln oder Geschäfte zu besuchen.
An allen Ecken wird gehämmert und geschraubt, stets mit der Vision, eine moderne Symbiose aus Arbeit, Kultur und Lebensraum zu schaffen. Es gibt überall fantastische Ecken, wie zum Beispiel die Restaurantmeile vor dem Palais de Justice oder das elitäre Quartier du Musée, wo sich viele bekannte Luxus-Labels niedergelassen haben.
Es wimmelt von prunkvollen Bauten, wie dem im Beaux-Arts Stil erbauten Édifice Sun Life Gebäude oder der Petersdom-Replik Cathédrale Marie-Reine-du-Monde.
Ja, es gibt sogar Naturkulisse, mit dem 250 Meter hohen Hausberg Mont Royal, von dem man an klaren Tagen einen fantastischen Blick über die Stadt und den Sankt-Lorenz-Strom hat. Was es bisher jedoch nicht gibt, ist ein durchgängiges Konzept für eine innere Mitte, ein Herz, von dem alle Viertel und Straßen mit Flair und Sehenswürdigkeiten versorgt werden. Montréal lehrt uns die Liebe zum Detail und dafür lohnt der Bummel entlang der Altstadtgassen, wo sich edle Kunstgalerien und französische Restaurants die Klinke in die Hand geben.
Angelockt durch die Klänge eines Akkordeons betrete ich das Restaurant Marché de la Vilette und fühle sofort in ein typisches Pariser Café hineinversetzt. Schöne Idee, die Gäste mit Musik anzulocken, denke ich mir noch, bis ich entnervt feststellen muss, dass die Lautstärke im Inneren an ein Hard Rock Café erinnert und fortan ein Akkordeon-Klassiker nach dem anderen serviert wird. Der Montmartre-Traum verwandelt sich zunehmend in ein musikalisches Schunkel-Desaster, welches urplötzlich durch 70er-Jahre Rock and Roll Klänge unterbrochen wird. Doch nur für 10 Sekunden. „Sorry, da ist nur jemand an den Knopf gekommen“. Schon spielt das Akkordeon wieder seine schaurig-schöne Melodie, bis auch der letzte Happen Creme Brûlée verschwunden ist. Das Montréal musikalisch in einer deutlich höheren Liga spielen kann, beweist am Abend, der in München wohl bekannte Star-Dirigent Kent Nagano, der sein Orchestre Syphonnique de Montréal in höchste Sphären aufsteigen lässt.
Eines der besten Orchester der Welt ist heute Gastgeber in der Maison Symphonique de Montréal, welches beim Abschlusskonzert der 85ten Saison aus allen Nähten platzt. Das Publikum gehört eher zur Generation Gründungsväter, dabei hätte die bärenstarke Symphonie Fantastique von Hector Berlioz eigentlich eine deutlich jüngere Hörerschaft verdient. Am Ende sind sich jedoch alle darüber einig, ein Stück Musikgeschichte gehört zu haben und quittieren Naganos Abschlusstour mit donnerndem Applaus. Montréal ist sicherlich keine Stadt für die Liebe auf den ersten Blick, doch sie hat einen starken Charakter, der einen bleibenden Eindruck in der Erinnerung eines Kanada-Liebhabers hinterlassen wird. Achtet immer auf die Details, es gibt viele zu entdecken, wie zum Beispiel das neue Hotel Monville, gelegen zwischen den beiden Herzkammern dieser ungewöhnlichen Stadt.
Dieser Artikel entstand auf Einladung des Hotel Monville. Mein besonderer Dank gilt der wunderbaren Organisation von Clémence Schmitt.