Eine Krabbe kreuzt gelangweilt den Highway und wechselt ihr Revier vom Atlantik in den Golf von Mexiko. Polizeikarossen liegen wie Alligatoren am Straßenrand und starren durch die fahrenden Autos hindurch. Das Wetter wechselt von Sonne zu Wolkenbruch und wieder zurück. Alles ganz unaufgeregt auf den Keys möchte man meinen. Doch die 42 Brücken von Key Largo nach Key West verlaufen spektakulär mitten durch den Ozean und entspringen einer Romankulisse aus der Feder Ernest Hemingways, der am südlichsten Punkt der USA einen Teil seines Lebens verbrachte.
Der Anfang ist noch recht nüchtern, denn Key Largo hat außer Billig-Motels und den üblichen Karussells aus Tankstellen, Supermärkten und Fast-Food-Ketten nicht viel zu bieten. Doch bereits bei Islamorada lässt sich der Charme vom Leben am Meer erahnen. Die Yachten schaukeln behände im smaragdgrünen Meer, die Angler warten geduldig auf Reststücken der alten Straße, die mittlerweile zu Piers umgebaut wurde und die bunten Holzhäuser stehen mit ihren Stelzen wie Reiher im Meer und trotzen den Gezeiten.
Ich brauche eine Abkühlung und verlasse den Highway 1 um im „Angler and Ale“ auf Duck Key den Anglern beim Ausnehmen der Fische zuzuschauen. Ein guter Ort, um zu lunchen, doch ich belasse es bei einem Drink, denn schließlich liegen noch gut 60 Meilen vor mir. Im Bahia Honda State Park gibt es nicht nur karibische Strände, sondern angeblich auch noch ein Reststück der alten, mittlerweile stark verwitterten ersten Straße zu bewundern. Leider ist der Zugang bereits weit im Voraus abgesperrt, so dass es nichts mehr zu sehen gibt. Der Strand sieht verlockend aus, selbst wenn Algen den Einstieg ins Meer etwas trüben.
Mir ist jetzt nach abgefressenem Beton und so finde ich am anderen Ende der Seven Mile Bridge doch noch meinen Spot, um auf Reste der 1938 erbauten Straße zu schauen, die auf der Trasse der Florida East Coast Railway aufgesetzt wurde.
Wenn Touristen einen Ort malen könnten, dann würden sie Key West auf die Leinwand zaubern. Wunderschöne bunte Holzhäuser mit einladenden Veranden, charmante Cafés, zotige Kneipen und eine rollende Eisenbahn, die all diese kleinen Sehenswürdigkeiten miteinander verbindet, prägen das Stadtbild dieser südlichsten Enklave der USA.
Und durch alles zieht ein Hauch kubanischer Lebensfreude und Kultur, versinnbildlicht durch die farbgewaltige Boje am Southernmost Point. Ganz in der Nähe befindet sich auch das gleichnamige Beach Resort, in welches ich mich für die nächsten 2 Nächte einquartiere.
Dabei lernt man erst einmal etwas über die Cleverness von Zusatzleistungen kennen. Neben einer saftigen Parkgebühr, muss natürlich auch noch an die Ressort Fee gedacht werden, denn schließlich werden Handtücher zum Strandbesuch gereicht. Doch ich will nicht klagen, drei Pools sowie ein schöner privater Pier bieten genügend Raum zur Entspannung. Und genau diese Mixtur aus Stadtbummel, Chill Out und Nightlife machen Key West so unbeschwert. Man ist immer gut drauf, wie ein Rum Runner am Sunset Pier, dem beliebtesten Drink und Platz zum Sonnenuntergang.
Das restliche Leben spielt sich fast ausnahmslos in der Duval Street ab. Wie an einer Perlenkette reihen sich Restaurants, Bars und Souvenirläden aneinander. Nicht immer einfallsreich, aber besonders am Abend belebt und unwiderstehlich. Und dann lohnt auch der Abstecher ins südlichste Hofbräuhaus der USA, mit Namen Sloppy Joe´s Bar.
Angeblich hat Hemingway hier viel Zeit verbracht, was allerdings auch Captain Tony´s Saloon und zig andere Kneipen in der Stadt behaupten. Wer mehr in die Tiefe einsteigen will, der sollte sich das Wohnhaus Hemingways anschauen. Kein großes Kino, aber ein paar Erinnerungsstücke so wie unzählige Katzen und noch mehr Touristen. Da mache ich mich lieber zum Fort Zachary Taylor auf, wo mich auf halbem Weg eine aufgebrachte Shelly aus Boston fast über den Haufen fährt. Scheibe runter, Dauerwelle auf Sturm, Handy kaputt, Wasser angeblich reingelaufen in die alte Schachtel, Lover wurde nach Spanien abgeschoben, typisch Trump, Lover kommt aber zurück, bitte Foto vor dem alten Kriegsschiff machen, der Name muss lesbar sein, damit der Spanier weiß, wo Shelly gerade ist, Shelly muss aber auch drauf sein und dafür wird die Dauerwelle nochmals schnell befeuchtet. Soweit verstanden? Ja, genau. Ich mache drei Fotos, mit denen sie leidlich zufrieden ist. Dann muss ich ihr versprechen, dieses Foto an ihren Lover in Spe zu senden und dann müssen wir beide beten, dass er irgendeines Tages in Key West ankert, um sie an der USCGC Ingham zu ehelichen. Ich muss an dieser Stelle leider zugeben, die SMS ist nicht durchgegangen. Deshalb das Foto. Wenn jemand diese Frau kennt oder den knackigen, aber ausgewiesenen Spanier, bitte Privatnachricht an mich.
Ach so, Fort Taylor und der angeblich schönste Strand von Key West? Spart euch den Weg, geht lieber gescheit essen. Und zwar in Louie´s Backyard, dem romantischsten Lokal der ganzen Stadt. Die Sunset-Terrasse ist überragend, die Aussicht ist überragend, das Essen ist überragend, die Drinks sind…ach Key West, ich vermisse dich jetzt schon.
Auf dem Rückweg nach Miami, nutze ich die Gelegenheit für eine ehrenamtliche Blutspende im Everglades Nationalpark.
Bereits am Eingang werde ich durch die Rangerin auf das kommende Massaker eingestimmt: „A lot of mosquitoes out there“. Wirklich? Ach ja, da fliegen gerade 10 durch das kurz geöffnete Fenster. Den Erstschlag kann ich noch für mich entscheiden, doch beim nächsten Stopp am Anhinga Trail, wendet sich das Blatt. Mit Verlassen des Fahrzeugs beißen sich die kleinen Blutsauger in meine Waden und auch klassisch in den Hals. Da helfen keine Holzpflöcke oder Silberkugeln und so bezahle ich den Alligator-Schuss mit zehn sauberen Einstichen.
Der Rundweg durchs Schilf ist eindrucksvoll, doch kaum genießbar. Begleitet wird mein Spießrutenlauf von paarungswilligen Heuschrecken, die bunt schillernd in der Sonne kopulieren. Nichts wie ins Auto, es wird sicher besser. Next Stop: Pa-Hay-Okee-Lookout. Das offene Schilf macht einen guten Eindruck, der Kopf- und Halsbereich scheint Mückenfrei. Doch dann blicke ich auf meine schwarz-gesäumten Waden und kann den Horror kaum fassen. Kein Zentimeter Bein ist mehr zu sehen, so dass ich wie von der Tarantel gestochen zurück ins Auto fliehe. Keine Chance auf ein Comeback, die 25 $ Eintritt sind versenkt, aber die Everglades sehen mich in der Regenzeit nie wieder. Dann doch lieber ein letztes Sonnenbad samt Mojito in Miami Beach.
Was es da sonst noch zu sehen gibt, lest ihr in meinem Bericht über Miami.