Melancholisch wie ein Tango auf der Calle Florida, monumental wie der Congreso de la Nación Argentina und perfekt in Szene gesetzt wie das mondäne Hafenviertel Puerto Madero. All das ist Buenos Aires, die für mich mit Abstand eindrucksvollste Metropole Südamerikas.
Vielleicht erinnert mich die Stadt am Rio de la Plata ein wenig an Madrid, denn auch hier treffen schattige, breite Alleen mit prachtvollen Stadthäusern auf ein pulsierendes, energiegeladenes Publikum.
Und ähnlich wie in Spanien, ist auch Argentiniens Hauptstadt von schweren wirtschaftlichen Krisen gekennzeichnet. Deshalb wundert es mich kaum, dass eine gewisse Melancholie und Sehnsucht nach besseren Tagen in den Cafés und Straßen der Stadt stets spürbar ist. Doch wir sind ja nicht zum Philosophieren hier, also kümmern wir uns lieber um die vielen Highlights von BA.
Ausgangspunkt meiner Tour ist der Plaza de Mayo, der nicht nur bei Touristen beliebt ist, sondern auch gerne von Demonstranten zweckentfremdet wird. Denn direkt gegenüber befindet sich der pinke Präsidentenpalast Casa Rosada. Überall drücken mir Straßenhändler sogenannte Kürbisse entgegen. Das sind Gefäße, in denen die Argentinier ihr Nationalgetränk, den Mate-Tee konsumieren. Den trinkt man allerdings nicht alleine, sondern reicht ihn wie eine Wasserpfeife gern herum. Also darf jeder mal, entsprechend eher nix für mich.
Ich lasse mich etwas durch die Gassen Bolivar und Defensa in Richtung San Telmo treiben. Und dieser Stadtteil ist die erste große Überraschung. In New York würde die Ecke Soho heißen, denn auch hier gibt es unzählige coole Boutiquen, Restaurants und Galerien.
Die hippe Szene ist eingezogen, renoviert fleißig die historischen Gebäude und kombiniert alt mit modernem Schick. Herauszuheben ist auf jeden Fall der Plaza Dorrego Flea Market, direkt am gleichnamigen schönen Platz gelegen und der San Telmo Market. Mein Magen knurrt, die Beine brauchen eine Pause, also ab ins Sagardi, direkt gegenüber der imposanten Iglesia San Pedro. Insbesondere die Tapas-Variationen zur Mittagszeit haben es mir angetan.
Nach cool und hipp mache ich mich auf den Weg in Richtung reich und gediegen. Doch bevor es in den eleganten Stadtteil Recoleta geht, schaue ich mir den Wahnsinn auf 14 Suren an, die Avenida 9 de Julio. Bis 1960 war sie mit 140 Metern die breiteste Straße der Welt.
Und obwohl sie anscheinend irgendwo auf der Welt überholt wurde, ist die Überquerung bereits ein Event für sich. 3 Minuten 12 war mein bester Versuch, denn Ampelphasen sind nicht immer perfekt aufeinander abgestimmt. Direkt an dieser Gigantenmeile steht das Teatro Colon, jener Opernpalast, der unzählige Jahre renoviert wurde. Endlich fertig, war die Spielzeit leider nicht auf meine Ankunft synchronisiert, so dass ich mich mit der normalen Führung begnügen muss. Selbst König Ludwig hätte an all dem Prunk und Glitzer seine helle Freude gehabt. Die Korridore, Säle und Aufgänge sind wirklich eindrucksvoll. Schade, dass nicht fotografiert werden darf. Also wirklich nicht…
Der Weg durch das Nobelviertel Recoleta ist dann der größtmögliche Kontrast zu den Armenvierteln im Außenring. Tolle Boutiquen unter schattigen Jacaranda-Bäumen, die wir aber auch aus anderen Großstädten kennen. Deshalb nur schauen, nicht anfassen, lieber weiter auf den Friedhof Cementerio de la Recoleta.
Wenn man nur Zeit für eine Attraktion in Buenos Aires hätte, dann sollte es diese sein. Mystisch, monumental, berührend. So mein Fazit beim Anblick der unzähligen Mausoleen und Grabstätten, die eher wie verlassene Paläste einer vergangenen Epoche wirken.
Hier liegen Präsidenten, Wissenschaftler, Schauspieler und auch Eva Peron. Eigentlich findet man kein Grab zweimal, doch die letzte Ruhestätte von Evita ist stets am hohen Besucheraufkommen auszumachen. Ich war bereits viermal hier und kann mich von diesem Ort immer noch nicht lösen.
Doch es gibt ja so viel mehr zu sehen. Zum Beispiel den farbenfrohen Stadtteil La Boca, dessen bunte Holzfassaden immer noch den Großteil der Postkarten aus Buenos Aires prägen. Mein erster Besuchswunsch am Abend wurde vom Taxifahrer einfach mal abgelehnt. „Nein, da bringe ich euch nicht hin. Viel zu gefährlich. Probiert es am Tag“. Also gut, bei dampfender Hitze lassen wir uns am Caminito, dem Epizentrum touristischer Aktivität aussetzen. Ein leicht kloakiger Geruch schlägt mir entgegen und der Blick zum Fluss macht direkt deutlich, in welcher der zwei Welten von Buenos Aires ich gelandet bin. Sauber ist anders, doch La Boca lebt von seiner Atmosphäre und den bunten Häusern, die aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut wurden.
Vor den vielen Bars wird getanzt und musiziert. Ein bisschen Show für die zahlreichen Touristen, die sofort verschwinden, wenn man sich abseits der zwei Hauptadern rund um die Fußgängerzone Caminito befindet. Die Gestalten werden schnell düsterer, die Geschäfte schmieriger und das Stadtbild verliert an Farbenpracht.
Doch einen Höhepunkt gibt es noch, der meist an den Wochenenden für erhebliche Erdbeben sorgt. Das Estadio Alberto J. Armando, besser bekannt als La Bombonera, ist die Heimat der berühmten Boca Juniors, dem vielleicht bekanntesten argentinischen Fußballverein. Legendär ist der Super Clasico gegen River Plate, der jedoch auch für seine Randale und Ausschreitungen bekannt ist. Leider steht gerade kein Spiel an, doch besichtigen sollte man das Stadion allemal, denn näher am Geschehen, ist man als Fan heute nirgends auf der Welt.
Die Sonne schämt sich langsam gen Nordhalbkugel, deshalb wird es Zeit für die perfekte Dinner-Location. Und da gibt es für mich, neben San Telmo, eigentlich nur das elegante Hafenviertel Puerto Madero, mit seinen stylischen Restaurants und eleganten Bars. Perfekt zum Flanieren und Genießen. Und es gibt ein Restaurant, dass alle anderen überragt. Das Cabana Las Lilas ist der Fleischtempel schlechthin.
Die Steaks sind ein Gedicht, die Beilagen gigantisch und zum Nachtisch lasst ihr euch einfach nur einen Cappuccino kredenzen. Der Pralinenteller wird nämlich frei Haus mitgeliefert. Danach bewegst du dich garantiert keinen Zentimeter mehr. Es ist exakt 24 Uhr und das Leben scheint hier erst so richtig loszugehen. Keine Spur von Trübsal, nur junge, elegant gekleidete Paare, die lachend und leicht verliebt in die Clubs und Bars an der Hafenpromenade strömen. Ach, Buenos Aires. Ich vermisse dich jetzt schon!
Noch mehr Südamerika gibt es in meinem Reisebericht über Rio de Janeiro.
[…] Südamerika-Fans ist auch mein Artikel über Buenos Aires […]