„Save the earth. It´s the only planet with wine“. Diese mahnenden Worte hängen wie ein Manifest im privaten Weinkeller der Familie Werner, ihres Zeichens Hüter über das Arlberg 1800 Resort, Bewahrer der Bruderschaft St. Christoph, Gastgeber von Königen und Politikern und die vielleicht sympathischste Hoteliers-Familie Österreichs. Wer den Kalauer an der Wand für einen lockeren Spruch hält, wird gleich eines Besseren belehrt, denn im Weinkeller lagern mal eben 3.500 Flaschen der edelsten Tropfen, die meisten davon sogar in exklusiven Großflaschen, welche zwischen 12 und 18 Liter Fassungsvermögen haben.
Diese größte private Bordeaux Sammlung Europas bringt es auf einen beachtlichen Gegenwert von 7 Millionen Euro und wird gehütet wie die Goldvorräte von Fort Knox.
Im Prinzip spricht Nichts gegen ein „Einschneien lassen“ murmele ich Marketingleiterin Nicole Becker zu, die mich voller Begeisterung über das eindrucksvolle Anwesen führt und mir noch eine Flasche Château Cheval Blanc für 80.000 € ans Herz legt. Nicht gerade preiswert, aber gut, 2000 war in der Tat ein ordentlicher Jahrgang und wir reden hier immerhin von einer Großflasche.
Apropos Einschneien: Ganz so unbegründet ist meine Befürchtung übrigens nicht, denn mit Ankunft im Hotel auf exakt 1.800 Metern, flockt es ungebremst vom Himmel und treibt die Schneehöhe am Arlberg auf rekordverdächtige 4 Meter. Also nichts wie raus, denke ich mir und stehe 20 Minuten später vor einer weißen Wand, die eigentlich eine Hohlkehle ist. Unten weiß, oben weiß, geradeaus weiß? Vielleicht, denn die Sicht auf dem 2.185 Meter hohen Galzig geht gegen Null und es fährt sich wie auf Droge.
Die Skier rutschen über Buckel, heben ab, landen gefühlte Ewigkeiten später im frischen Powder und ziehen ihre Spuren durch den halben Meter Neuschnee, der unaufhörlich aus dem wolkenverhangenen Himmel schneit. Was für ein Erlebnis, auch wenn Vorsicht geboten ist, da die Umrisse der Piste auf meter-basis freigegeben werden und hier trotzdem eine Menge los ist. Wer kam bloß auf die spinnerte Idee in den Faschingsferien zum Arlberg zu fahren? Anscheinend ziemlich viele „Schneehungrige“ und so gehört das letzte der 86 Zimmer im Arlberg1800 gottseidank mir.
Der schnöde Begriff Zimmer trifft es jedoch nicht ganz, denn die Arlberg Suite verfügt über einen super rustikalen Wohnbereich mit offenem Kamin und Sofaecke und einem schönen Schlafzimmer samt separater Ankleide, so dass der hohe Wohlfühlfaktor direkt zurück zum Thema „Einschneien“ führt. Der Audi ist jedenfalls schon mal unter einer meterhohen Watteschicht verschwunden und müsste, Status quo, erst einmal ausgegraben werden.
Macht mal weiter so, denn jetzt geht es schnurstracks in Richtung Wellness-Oase, wo ich auf die Heavy Rotation aus Swimming-Pool, Sauna, Dampfbad und Ruheraum setze. Ganz richtig, der Fitnessraum hat in dieser Reihenfolge leider keinen Platz, auch wenn er wirklich gut ausschaut. Was bereits hier auffällt, ist die nahtlose Integration von Kunstwerken, Bildern und Skulpturen, die Florian Werner nicht nur über die Jahre gesammelt, sondern kurzerhand auch selbst kreiert hat. Seit 2015 gibt es eine eigene Kunsthalle, in der auch Tagungen und Kongresse stattfinden, sowie einen kompletten Konzertsaal, der die Hotelgäste zum Après-Ski mit klassischen Klängen verwöhnt.
Ein Jugendlicher hockt am Steinway Flügel, übt für eine Geburtstagsfeier, chattet am Smartphone mit einer Freundin und gibt uns ein Privatkonzert. „Gehört der zu euch?“ frage ich Nicole Becker, die einfach nur grinst und mir klarmacht, dass alle Instrumente wie Pianos und das Schlagzeug, natürlich auch den Gästen zur Verfügung stehen.
„Macht ihr sonst noch andere verrückte Sachen?“ möchte ich wissen. „Nein, eigentlich nicht“ kontert Nicole „wenn man mal von der Alice im Wunderland Party oder der Oscar Nacht für einen schwedischen Großkonzern in unserer Tiefgarage absieht. Hin und wieder eine Neuwagenpräsentation, in der wir die Sportwagen mit dem Auto-Lift direkt in die Kunsthalle fahren oder das Kindermalen in unserem Atelier, wo die kleinen Gäste überdimensionale Leinwände kolorieren dürfen. Ansonsten bleibt hier alles im normalen Rahmen“.
Dann zögert sie leicht und fügt hinzu: „Bis auf die Bruderschaft vielleicht“. Und so begeben wir uns an den Ort der Aufnahmeprüfung, jener Hauskapelle, die nicht nur Kulisse zahlreicher Hochzeiten ist, sondern auch Ort des Zeremoniells samt Ritterschlag für neue Ordensbrüder- und Schwestern. Natürlich kümmert sich der Hausherr selbst um die Fortführung dieser alten, liebgewonnenen Tradition und freut sich mittlerweile über 25.000 Mitglieder, zu denen auch die spanische Königsfamilie oder das Fürstenhaus Monaco zählen, die hier jedes Jahr ihren Winterurlaub verbringen. Von den Spenden und Mitgliedsbeiträgen werden übrigens bedürftige Familien aus der Arlbergregion unterstützt.
Schneit es eigentlich noch? Jep. Haben wir genug Vorräte? „Das sollte schon ein paar Tage reichen“ meint Restaurantchef Ireneo Tucci und hat mir für den heutigen Abend gleich zwei Tische in verschiedenen Restaurants reserviert.
Mit einem „Fondue oder Regionale Spezialitäten?“ treibt er mich in die Enge, aus der ich mich nur mit einem überzeugten „Wiener Schnitzel und Kaiserschmarren“ befreien kann. Wenn in Österreich, dann bitte die Klassiker in ihrer vorbestimmten Reihenfolge, die mit dem Weissburgunder vom Weingut Jalitz so sensationell daherkommen, dass einer Überwinterung bis zum nächsten Frühjahr eigentlich nichts mehr im Wege steht.
Der Wecker hämmert enervierend in mein Trommelfell. Panisch reiße ich die Augen auf und starre auf die Uhrzeit. Es ist 6.30 Uhr am frühen Dienstagmorgen. War das alles nur ein schöner Traum? Etwas ängstlich schiebe ich die Vorhänge zur Seite und schaue aus dem Fenster, das zur Hälfte von einer dicken Schneewehe verhangen ist. Darüber, oh nein! Darüber, ich fasse es nicht, es ist so schrecklich, wie in einem Horrorfilm. Darüber zeigt sich ein blitzeblauer Himmel und darunter eine frisch geräumte Straße, die mich direkt zurück nach München schickt.
Ich verabschiede mich von der Familie Werner, sage Servus zu Nicole und Ireneo, „powdere“ mit dem freigeschaufelten Audi entlang der vier Meter hohen Schneewände und staune über mich selbst, da ich selten ein Sonnenschein-freies-Wochenende so sehr genossen habe.
Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Familie Werner vom arlberg1800 Resort und der wunderbaren Nicole, die diesen Aufenthalt so bombastisch organisiert hat.
Noch mehr Schnee gibt es eigentlich nur noch am Lake Louise in Kanada.