Ich nähere mich Cuenca aus nördlicher Richtung. Und obwohl DuMont diesen Streckenabschnitt als eher belanglos abtut, ist er der, mit Abstand, schönste auf der Straße der Vulkane.
Die Dörfer werden kleiner, die Kleidung der Menschen traditioneller und die grüne Berg-und Tallandschaft spektakulärer. Zeit für ein wenig Geschichte. Ingapirca ist die bedeutendste Inkastätte in Ecuador und hat bei entsprechender Beleuchtung auch tatsächlich einen Hauch von Machu Picchu.
Viel ist jedoch nicht geblieben, lediglich ein paar Trümmer sowie die Hälfte vom Sonnentempel. Unser Guide macht dennoch auf große Führung und holt mächtig aus. Nichts für mich, bei diesen Lichtverhältnissen. Das Gehör auf Durchzug, renne ich einfach voran. Am Ende tut er mir leid, wie er so hinterherhechelt. Also gibt´s ein ordentliches Trinkgeld und ein Lob, für die „beste Führung ever“. Und weiter nach Cuenca, denn es wird allmählich dunkel.
Auf der Karte sieht der Weg zum Hotel eigentlich recht einfach aus. Denkt man. Doch die halbe Stadt wird gerade um eine neue Straßenbahn bereichert und ist entsprechend aufgebrochen. Damit fehlen dir die wichtigsten Achsen im Historischen Zentrum. Einfach weg und das Hotel Forum unerreichbar. Allerdings brauche ich für diese Erkenntnis locker eine Stunde, samt fleißigen Helfern, die immer wieder vorausfahren, aber selbst an diversen Absperrungen scheitern. Also Kiste parken und zu Fuß weiter. Doch der Weg lohnt sich. Das Hotel Forum hat nur 11 Zimmer und ist wunderbar im Kolonialstil eingerichtet.
Man spricht Deutsch, denn Manager Thomas Klatte, der seit 5 Jahren in Cuenca lebt, sitzt selbst an der Rezeption und verteilt nützliche Tipps für die nächsten 2 Tage.
Ganz in der Nähe befindet sich die Keimzelle der Stadt. Der Parque Abdon Calderon ist wunderschön mit Bäumen bewachsen und Vorgarten zu einer der größten Kirchen Lateinamerikas, der Inmaculada Concepción Cathedral.
Dieser wunderbare Kuppelbau ist erst 1967 fertiggestellt worden und verinnerlicht ganze acht verschiedene Baustile. Doch der Kuddelmuddel tut dem Anblick keinen Abbruch, sowohl innen als auch außen erste Sahne. Apropos Sahne und Kuchen. Den gibt es direkt nebenan im Le Bistro. Der Besitzer kommt aus Frankreich und weiß wie man einen Schokoladenvulkan stilvoll ausbrechen lässt. „Nobody does it better!“
Ein erster Streifzug durch die Gassen zeigt schnell, dass die Stadt der vier Flüsse mit keiner anderen Ortschaft in Ecuador zu vergleichen ist. Überall gibt es Postres, kleine Süßigkeiten, aus aller Herren Länder. Das Café Austria, liegt direkt neben einer deutschen Bäckerei. Das Café Wunderbar schräg gegenüber einer hervorragenden Pizzeria. Genauso präsentiert sich das Publikum deutlich internationaler und Touristen, Studenten und eingebürgerte Europäer durchmischen das Straßenbild im Einklang mit der einheimischen Bevölkerung.
Zeit für einen Kaffee und mein Augenmerk führt mich vor die Pforte von Sumaglla Antiguedades. Sieht wie ein Café vollgestopft mit Antiquitäten aus, entpuppt sich aber als privates Domizil von Cecilia.
Sie kommt aus Spanien und ist gefühlte 100 Jahre alt. Mit dem Gehwagen führt sie voller Stolz durch Wohn- und Esszimmer, um schließlich im Schlafgemach zu enden. Ein etwas süßlicher Geruch strömt in die Nase, unter der Bettdecke eine Wölbung die gut und gerne einer einstigen Person gehören könnte. Sowohl Besitzerin, als auch diese prachtvolle Villa entstammen nahtlos einem Roman von Carlos Ruiz Zafón.
Mit einem trockenen Wangenkuss entkomme ich dieser kleinen Spukgeschichte und bereite mich aufs Abendessen im El Mercado vor. Die Empfehlungen waren selten treffender, denn sowohl die Location, mit Blick auf den Fluss, als auch die hervorragende Karte übertreffen meine Erwartung.
Tag 2 bricht an und es regnet. Normalerweise brauche ich jetzt psychologische Betreuung, doch dank Thomas steht der Plan bereits. Den Schwiegereltern gehört zufällig die Homero Ortega, die größte Panamahut-Fabrik in Ecuador und das interessiert mich dann doch. Also schließe ich mich einer Gruppenführung der University of Texas an, um den ganzen Prozess von auswählen, formen, bleichen, pressen, kleben und labeln zu durchlaufen.
Am Ende muss man sich dann einfach ein bisschen unzufrieden mit der Auswahl geben, schon erhält man sein eigenes individuelles Exemplar. Und warum heißt ein ecuadorianischer Hut nun Panama Hut? Na, weil er als erstes nach Panama exportiert wurde. Erst danach in die große weite Welt.
Am Abend wartet dann noch das Tiesto´s auf mich. Das beste Restaurant der Stadt überzeugt mit einheimischer Küche und exquisiter Bedienung. Zur Vorspeise werden 10 verschiedene Saucen kredenzt, eine schärfer als die andere. Die passen dann aber auch noch hervorragend zum Schweinefilet, welches in einer Tonschale serviert wird. Das ist Fusionsküche vom Feinsten, fehlt nur noch der Absacker mit Namen: „Te de chuquiragua con aua de gurdingunmacho endulzado con miel de murguincho“. Noch Fragen? Besser nicht, einfach bestellen, ihr werdet schon sehen.
Jeder Tag ein neues Abenteuer, so mein Fazit in Ecuador, einem der schönsten und spannendsten Länder Südamerikas. Heute geht es leider zum Abflugort nach Guayaquil. Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen oder? Zunächst läuft auch alles perfekt, man fährt noch auf 4.000 Metern Höhe durch den wild zersauselten Cajas Nationalpark, durchstößt danach ein paar Nebelbänke, um dann 50 Kilometer vor dem Flughafen einen letzten Tankstopp einzulegen.
Wie man dabei alles falsch machen kann, sei nun aufgezeigt. Ich verlasse das Fahrzeug, um dem Tankwart meinen Wunsch nach einer ordentlichen Füllung Super zu übermitteln. Nur etwa 30 Sekunden später, verlässt meine Frau ebenfalls das Mietautomobil, um Schokoladenriegelverpackungen ordnungsgemäß zu entsorgen. Mein irritierter Blick wird mit einem Signal aus exakt 5 Tönen untermalt. Und dann ist der Wagen zu und der Schlüssel steckt. Von innen. Keine Chance. Aus. Das war’s. Doch dann kam der große Auftritt der Autoknacker-Gang von der Tankstelle. Der Erste hatte nur die Idee, der zweite fummelte eine halbe Stunde mit einem Draht um den Druckknopf herum. Ohne Erfolg. Dann kommt der Padrone direkt aus den Bergen, stoppt sein Auto, blickt verächtlich auf all die Luschen, klemmt mit einem Schraubenzieher die Tür einen Spaltweit auf und zieht die Schlinge um den Fensterknopf. Und die Kiste öffnet sich mit einem Riesenalarm. Kollektives Aufatmen. Nur noch die Druckspuren mit etwas Mascara abtupfen und schon ist der Wagen fertig zur Abgabe. Natürlich „just in time“.
Hier findet ihr die Fortsetzung meiner Reise in Peru mit dem Bericht zu Machu Picchu.
[…] Hier findet ihr meinen Bericht über das sagenhafte Cuenca. […]